Die Sucht der Diktatoren
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•Die Sucht der DiktatorenSeit dem ersten Kriegsmorgen hält uns der preisgekrönte Übersetzer Juri Durkot aus Lemberg über die Lage in der Ukraine auf dem Laufenden. Diesmal erinnert er sich, mitten im unaufhaltsamen geschehen, an ein altes russisches Videospiel.• 0
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•Lemberg, den 14. Februar, abendsIrgendwann in der ersten Hälfte der 1980er-Jahre, noch bevor Tetris zunächst die damals noch seltenen Moskauer und anschließend alle sowjetischen Computer eroberte, um sich später in Osteuropa und in der ganzen im rasanten Tempo zu verbreiten, kam in der Sowjetunion ein anderes Spiel auf den Markt. Wenn denn das Wort „Markt“ hier ein passender Ausdruck ist. Es war ein für damalige Verhältnisse relativ kleines Gerät, etwa doppelt so groß wie ein Smartphone, mit einem hässlich grünen Bildschirm – damals waren ja alle Screens hässlich grün, aber man ahnte noch nicht, dass sie irgendwann andere Farben haben würden, – und einer recht primitiven Grafik.Es ging um die Eier. Irgendwo oben am Bildschirm saß eine Henne, die von Zeit zu Zeit ein Ei legte, das sofort herunterfiel. Am unteren Rand des Bildschirms lief ein Wolf hin und her, eine Figur aus einem beliebten Zeichentrickfilm , eigentlich eine total negative, böse, aber ziemlich unbeholfene Kreatur, die immer gegen den guten, vorbildlichen Hasen, einen echten Einsertypen, den Kürzeren ziehen musste.Anders als im Zeichentrick hatte der Wolf in unserem Spiel einen Korb und musste das herunterfallende Ei damit auffangen. Sonst zerschellte das Ei am Boden, und nach einigen kaputten Eiern war das Spiel vorbei. Man bewegte den Wolf mit den Fingern, indem man die Knöpfe neben dem Bildschirm drückte. Eine Geste, die ziemlich an das Tippen auf modernen Smartphones erinnert. Im Laufe des Spiels rollten die Eier immer schneller, sodass die Finger einem irgendwann wehtaten. Die Konsole gab immer wieder diverse piepsende Töne von sich – entweder als Lob für ein gefangenes Ei oder als Enttäuschung für den omelettefertigen Brei am Boden. Man konnte dieses Wunder der damaligen Computertechnik sogar stummschalten, was den Spaß zwar verringerte , aber diskretes Spielen – etwa in einer Vorlesung – ermöglichte.Also füllten sich Unis, Schulen und Büros mit heiterem oder enttäuschtem Piepsen. Es spielte buchstäblich jedes Kind und jeder Studierende, in den Pausen war es der beliebteste Zeitvertreib, es sei denn, man musste sich auf eine Prüfung vorbereiten. Nicht jeder besaß so eine Konsole, aber dann lieh man sich halt eine für die Pause. Ich spielte wie alle anderen, also wie verrückt. Bis zu jenem Tag, an dem ich fast unter die Räder eines Autos geriet. Nein, ich hielt keine Spielkonsole in der Hand beim Überqueren der Straße. In diesem Moment spielte ich gar nicht. Ich tat etwas anderes – ich kalkulierte, ob mich das Auto – erwischen würde oder ob ich schneller wäre. Anders als der Wolf bremste der Typ am Steuer und fluchte. Ich hüpfte weiter munter auf dem Gehsteig. Der Wolf fing das Ei nicht.Nach diesem Vorfall spielte ich nie mehr. Nur einmal, Anfang der 1990er-Jahre, wollten wir zusammen mit einem österreichischen Freund ins Badener Casino, aus purem Interesse sozusagen, aber wir fielen am Einlass wegen falscher Kleidung durch. Ich weiß es nicht mehr, vielleicht musste man in Baden Fliege tragen. Auf keinen Fall aber Jeans.Damals, als wir die ersten Computerspiele spielten, wussten wir nicht viel von einer Spielsucht. Von anderen Süchten übrigens auch nicht. Man könnte sagen, wir waren naiv wie der sowjetische Staat, der bei seinen Bürgern nur eine Sucht kannte – nämlich den Alkoholismus, den er vergeblich zu bekämpfen versuchte.Wahrscheinlich entwickeln Diktatoren und sonstige Soziopathen dieser ebenfalls eine Art Sucht. Sie sind machtsüchtig, aber ihre Sucht geht weit über die eigentliche Machtsucht hinaus. Es ist die Sucht, jemanden überfallen zu müssen. Zunächst überfallen sie das eigene Volk. Dann, wenn sich das eigene Volk nicht mehr wehrt, überfallen sie die Nachbarn. Bis sie jemand stoppt. Sonst hören sie nie auf.Es ist nicht einfach, eine Spiel- oder Drogensucht zu behandeln. Das tut man meist in einem Krankenhaus. Auch die Sucht der Diktatoren sollte man in einem Krankenhaus bekämpfen. Oder, besser noch, in einem Gefängnis.Lemberg, den 31. Januar, abendsVor vielen Jahren – es muss wohl um die Jahrtausendwende gewesen sein – hat sich das Hörvermögen meiner Mutter so stark verschlechtert, dass sie sich ein Hörgerät beschaffen musste. Die Auswahl war damals noch nicht so groß wie heutzutage und die Preise nicht so hoch, aber es gab schon passable Geräte westlicher Hersteller auf dem Markt. Eine Krankenversicherung gab es dagegen nicht, daran hat sich bis heute nichts geändert. Also musste meine Mutter für ihre Hörhilfe recht tief in die Tasche greifen.Lesen Sie auchRessort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineEin Monat Krieg, ein Monat ZerstörungRessort:KulturKriegstagebuch aus der Ukraine„Tante Sirene ist dafür da, um uns zu beschützen“Ressort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineDie Kirschen sind an die Russen gefallen, die Erdbeeren nichtRessort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineIn Mariupol haben die Schulen am ersten Schultag gar nicht geöffnetRessort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineAber es ist noch lange nicht vorbeiRessort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineMein Schulfreund Jurij, der Artillerist, liegt im MilitärhospitalRessort:KulturKriegstagebuch„Wie habt ihr die Nacht überstanden?“, schrieb meine Frau an Zhenia• Ressort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineEin Monat Krieg, ein Monat ZerstörungEin Monat Krieg, ein Monat Zerstörung• Ressort:KulturKriegstagebuch aus der Ukraine„Tante Sirene ist dafür da, um uns zu beschützen“„Tante Sirene ist dafür da, um uns zu beschützen“• Ressort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineDie Kirschen sind an die Russen gefallen, die Erdbeeren nichtDie Kirschen sind an die Russen gefallen, die Erdbeeren nicht• Ressort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineIn Mariupol haben die Schulen am ersten Schultag gar nicht geöffnetIn Mariupol haben die Schulen am ersten Schultag gar nicht geöffnet• Ressort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineAber es ist noch lange nicht vorbeiAber es ist noch lange nicht vorbei• Ressort:KulturKriegstagebuch aus der UkraineMein Schulfreund Jurij, der Artillerist, liegt im MilitärhospitalMein Schulfreund Jurij, der Artillerist, liegt im Militärhospital• Ressort:KulturKriegstagebuch„Wie habt ihr die Nacht überstanden?“, schrieb meine Frau an Zhenia„Wie habt ihr die Nacht überstanden?“, schrieb meine Frau an ZheniaWie dem auch sei, leistet dieses Gerät, auch wenn mit heillos veralteter Technik ausgestattet, bis heute zuverlässig seinen Dienst. Allerdings nur dann, wenn die Mutter nicht vergisst, die Batterien auszuwechseln. Oder wenn sie weiß, wo sie die neuen Batterien, die ich nachkaufe, versteckt hat. So läuft sie manchmal mit einem Hörgerät im Ohr herum und beschwert sich, dass sie nichts hört. Dass jemand für sie die Batterien auswechselt, lässt sie einfach nicht zu.Einmal, wohl bald nach dem Kauf, musste das Gerät repariert werden. Für die paar Tage hatte die Mutter einen Ersatz bekommen. Umsonst. Dieses Wunder der Technik fanden wir neulich tief in einer Schublade vergraben, als wir beide lange und vergeblich nach einer neuen Packung frischer Batterien suchten. Das Gerät war klobig, aus dickem Plastik zusammengebastelt, mindestens doppelt so groß wie das westliche Fabrikat. Kurzum: ein typisch sowjetisches Design. Über die Klangqualität lässt sich heute nichts mehr sagen. Mir fiel nur die Adresse des Herstellers auf der Verpackung auf: Krim, Jewpatorija. Natürlich nicht Kezlev, das wäre der krimtatarische Name gewesen. Alles sowieso nur auf Russisch. Auch die Bedienungsanleitung.Seitdem hat die technische Entwicklung unglaubliche Fortschritte gemacht. Inzwischen gibt es Geräte, die tief im Gehörgang sitzen und fast unsichtbar sind. Sie haben selbstverständlich ihren Preis, aber so kann man jeden Wunsch des Kunden erfüllen.Seit dem russischen Überfall haben die HNO-Ärzte viel zu tun, und es sind immer mehr Soldaten, die ihre Hilfe brauchen. Nach einem Knalltrauma, aber nicht nur. Eine Ärztin erzählte mir neulich eine Geschichte über einen Soldaten, der einen Arm, ein Bein und ein Auge verloren hatte. Er sagte ihr, er könne nicht mehr gut hören und bräuchte ein Hörgerät. Es müsse aber unbedingt winzig klein und unsichtbar sein. Gut, dass sie ihm so etwas anbieten konnte.Lemberg, den 20. Januar, abendsWir haben uns in Sarmatien kennengelernt, einem mythischen und mystischen Stück Land östlich der Weichsel, das nicht einmal das Rechtschreibprogramm meines Rechners kennt. Genauer gesagt irgendwo in den sarmatischen Landschaften, vor etwa zwanzig Jahren. In jenem imaginären oder realen Teil der , für den sich Martin Pollack sein ganzes literarisches, journalistisches und übersetzerisches Leben lang innig begeistert hatte und den er dem österreichischen – und dem deutschsprachigen – Leser leidenschaftlich näherbringen wollte. Er hat mich damals gebeten, zwei Texte ukrainischer Autoren für einen von ihm herausgegebenen Band zu übersetzen, der Essays von zwei Dutzend Schriftstellerinnen und Schriftstellern aus Litauen, Belarus, der Ukraine, Polen und Deutschland enthielt und – trotz seines Titels „Sarmatische Landschaften“ – nicht wirklich von der Legende Sarmatien handelte.Zwanzig Jahre vor unserer ersten Begegnung hatten wir junge Germanistikstudenten weder von Martin Pollack noch von seinem ersten Buch „Nach Galizien“ etwas gehört. „Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die , die in diesem Buch dargestellt werden soll, erst durch ihre Zerstörung ins Blickfeld der Menschen im Westen rückte“, schrieb Martin Pollack im Vorwort dazu. In der Sowjetunion, die sich Ostgalizien nach dem Hitler-Stalin-Pakt und endgültig nach dem Zweiten krieg einverleibt hatte, rückte sie nicht ins Blickfeld der Menschen. Für den kommunistischen Staat, der 1984 immer tiefer in seiner Demenz versank, existierten Martin Pollack und sein Buch einfach nicht . Im sowjetischen Geschichtsbild gab es nur Autoren und Menschen, die zu den ideologischen Klischees der Sowjets passten.Als sich Anfang der 1990er-Jahren die für uns geöffnet hatte, wenn sie auch ihre Augen für uns kaum aufmachte, war „Nach Galizien“ bereits eine antiquarische Rarität. Mein Freund Jurko Prochasko, der damals noch kein Psychoanalytiker, sondern „nur“ Essayist und Übersetzer war, erinnert sich, wie ihm seine österreichischen Bekannten das Buch auf DIN-A4-Blättern kopiert haben.Nach den „Sarmatischen Landschaften“ kreuzten sich unsere Wege immer wieder – in Frankfurt und in Leipzig, in Berlin und in Wien. Auch wenn Martin Pollack sich auch anderen Themen widmete, vor allem auch seiner Familiengeschichte , kehrte er immer wieder zu seiner alten Liebe zurück. Für sein „Kaiser von Amerika“ über die Flucht aus Galizien wurde er 2011 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet und kuratierte danach drei Jahre lang im Rahmen der Leipziger Buchmesse das tranzyt-Programm für Literatur aus Polen, der Ukraine und Belarus. Es gibt nur wenige Menschen, die so viel wie Martin Pollack für ukrainische Autoren und ukrainische Literatur getan haben.Nicht selten neigen Menschen in Sarmatien dazu, eher das Absurde und Lustige in Erinnerung zu behalten, und nicht das Ernsthafte und Gehobene. Mir geht es übrigens nicht anders. Womöglich hat dies etwas mit der Geschichte zu tun. „Für die Aufklärung“, zitiert Martin Pollack im Vorwort zu „Sarmatischen Landschaften“ aus einem Essay des ukrainischen Historikers Jaroslaw Hrytsak, „war Sarmatien überall dort, wo Intrigen, Anarchie und Absurdität herrschten“.Auf jeden Fall steht mir heute nicht eine Diskussion bei einer öffentlichen Veranstaltung in Berlin vor Augen, sondern das, was danach passiert war. Wir saßen in einer Kneipe in Prenzlauer Berg irgendwo in der Nähe der Kulturbrauerei in geselliger Runde – die Veranstalter, die Referenten, ein paar Teilnehmer. Mit voranschreitender Zeit blickte Martin immer unruhiger auf die Uhr, weil er am frühen Morgen irgendwohin fliegen musste. Unser Problem war, dass wir beide ziemlich am anderen Ende der untergebracht waren – im Gästehaus des LCB am Wannsee. Die anderen mussten diese reise nicht antreten. Alle beruhigten Martin – es sei alles in Ordnung, keine Panik, der öffentliche Verkehr in Berlin funktioniere gut, die S-Bahnen fahren bis ein Uhr nachts. Schließlich brachen wir auf, und als wir endlich auf die vorletzte U-Bahn warteten, bemerkte ich, dass ich meinen Rucksack mitsamt Brieftasche und Reisepass in der Kneipe vergessen hatte.Ich schlug vor, dass Martin in die Bahn einsteige, und ich irgendwie nachkomme. Er lehnte kategorisch ab. Wie konnte er nur einen wilden Sarmaten, der nicht einmal imstande war, auf seine Sachen aufzupassen, in der Berliner Nacht der Neonlichter und sonstiger Versuchungen alleine lassen? Wir liefen zusammen zurück. Die U-Bahn fuhr nicht mehr. Wir schnappten uns irgendwie ein Taxi zum Alex – und stellten fest, dass die letzten S-Bahnen nicht mehr bis Wannsee, sondern nur bis Grunewald fuhren. Martin wurde nun wirklich nervös. Die Aussicht, im Grunewald festzustecken, behagte ihm nicht. Ich meinte, an der S-Bahnstation werden Taxis auf uns warten. Er bezweifelte dies. Es standen tatsächlich welche da. Und wir waren nicht die einzigen, die die letzte S-Bahn verpasst haben. Martins Solidarität hat mich damals tief berührt.Ein letztes Mal haben wir uns zwischen Österreich und Deutschland umarmt – in Südbayern. Martin war schon von seiner schweren Krankheit gezeichnet, sein Blick war aber agiler denn je. Bald brach die Corona-Pandemie aus, wir hatten uns etwas aus den Augen verloren. Und dann kam der russische Überfall. Danach haben wir uns nur noch paar Mal am Computerbildschirm gesehen. Martin wurde bei der Ukraine-Veranstaltung am Bebelplatz Anfang März 2022 zugeschaltet. Wir wechselten anschließend ein paar E-Mails. Er schrieb mir, dass er gerade mit einer neuen Chemotherapie beginnen musste, beklagte sich aber nicht darüber, sondern über Wohlstand und Ruhe im Westen, die nach dem russischen Überfall geradezu pervers seien, und schickte mir das Programm einer Solidaritätsveranstaltung im Volkstheater Wien, die er angestoßen hatte.„Die Aufgabe eines Intellektuellen, wo auch immer er lebt, ist es, aufzupassen, dass die Demokratie nicht verschwindet“, hat Martin Pollack in einem Interview gesagt. Er hat diese Aufgabe nie verraten.Lemberg, den 16. Januar, nachmittags„Wie ist die Sicherheitslage in Lemberg?“, fragen mich hin und wieder ausländische Journalisten oder sonstige Bekannte – vor allem, wenn sie eine Reise ins Kriegsgebiet planen. Pardon, in ein Land im Krieg. Das ist eine durchaus berechtigte und logische Frage, die einer logischen Antwort bedarf. Und diese lautet: Wenn keine russischen Raketen oder iranischen Drohnen in der Gegend herumfliegen, dann ist die Sicherheitslage gut.In der Nacht zum vergangenen Mittwoch war die Sicherheitslage allerdings nicht besonders gut. Auch am frühen Morgen nicht. Diesmal griff Russland in zwei Wellen an. Meistens fliegen die Marschflugkörper und Drohnen vom Südosten in die Stadt hinein, zumindest wenn sie vom Asowschen oder Kaspischen Meer starten und keinen Kurzbesuch im polnischen Luftraum einlegen, um die Stadt vom Westen anzugreifen. Und sie fliegen über ein dicht besiedeltes, in der späten Sowjetzeit entstandenes Wohnviertel – ein typisches Beispiel für die sowjetische Plattenbaumegalomanie. Womöglich mit Absicht, damit beim Abschuss die Trümmerteile so viel Schaden wie möglich anrichten.So muss unsere Obsthändlerin Switlana, die dort wohnt, bei jedem Angriff sehr unangenehme Minuten – oder gar Stunden – erleben. Wenn sie im Korridor ihrer Wohnung sitzt, an eine dicke Wand angelehnt, hört sie das leise Rattern der Maschinengewehre hinter dem Fenster, das laute Brummen der Drohnenmotoren im Himmel, den überwältigenden, aufsaugenden Lärm eines Marschflugkörpers. Ihr Sohn war am frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit, stand gerade zusammen mit anderen Menschen an einer Bushaltestelle, als sie von einem tieffliegenden Ding überrascht wurden. Man konnte sich nur ducken. Das Ding flog weiter.Diesmal gab es zum Glück keine Toten und Verletzten, nur ein kleines Einfamilienhaus am Stadtrand wurde durch herunterfallende Trümmerteile einer abgeschossenen Drohne oder Rakete zerstört.Allmählich kehrte die Stadt wieder zum normalen Leben zurück. Die Autofahrer telefonierten wild am Steuer, die Fußgänger, vertieft in ihre Smartphones, liefen über die Zebrastreifen, die E-Scooter rasten über die Gehsteige. In anderen ukrainischen Städten sah es nicht viel anders aus. Auch dort gilt: Wenn keine russischen Raketen oder iranischen Drohnen in der Gegend herumfliegen, dann ist die Sicherheitslage gut. Nur dass sie in Kyjiw, Charkiw oder Odessa viel öfter herumfliegen. So einfach ist es im Krieg, verdammt.Juri Durkot wurde für seine Übersetzungen der Werke von Serhij Zhadan – gemeinsam mit Sabine Stöhr – mit dem Brücke Berlin-Preis und dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.Mehr aus dem Web•
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